Michael Schnabel

STILLE BERGE
16. November 2006 – 23. Dezember 2006

WIDMER+THEODORIDIS contemporary freut sich, erstmals in der Schweiz, die ‘Stillen Berge’ von Michael Schnabel zu präsentieren. Berge, denkt man, wurden schon auf jede erdenkliche Art abgelichtet, doch in der Nacht selten. Die beeindruckenden Fotografien, im Pigmentdruck, enstanden in den Jahren 2003-2004 und wurden seither in zahlreichen Ausstellungen gezeigt.

Sich dem Thema ‘Berge’ zu nähern ohne in ein heroisches oder kitschiges Postkartenidyll abzugleiten, geht fast nur noch mit Ironie. Eine Spur der Sehnsucht zieht sich durchs Gebirge, ein romantisches Verlangen nach Schönheit, Majestät und Erhabenheit. Der doppelte Ansturm von Reisenden und Erwartungen formt auch das Bild der Berge, auf widersprüchliche Weise: Fast jedes Alpental trägt Spuren des Tourismus, fast jede Idealvorstellung fantasiert diese Spuren hinweg. Umso bemerkenswerter wie Schnabel dieses Paradox auf Schönste in Bilder verwandelt. Wie in Tinte getaucht scheinen seine Bilder, aus deren weicher Schwärze zart und zugleich präzise die Strukturen alpenländischer Gebirge aufschimmern: Nur durch den fahlen Wiederschein der Schleierwolken vom Nachtschwarz getrennt. Sie tauchen knapp aus der Unsichtbarkeit auf, um sich gleich wieder in einer nicht fassbaren Bewegung zwischen Sein und Verschwinden zu entziehen. 

Schnabel machte sich mit einer grossformatigen Kamera bei Einbruch der Dunkelheit in den Schweizerischen, Französischen oder Italienischen Alpen auf den Weg. Mit einer Taschenlampe ausgerüstet, um die Pfade nicht zu verlassen, erklomm er bemerkenswerte Höhen, stellte seine Kamera auf und belichtete Berggipfel, die er meist nur erahnen konnte. Eine Stunde dauerte die Belichtung einer einzelnen Aufnahme, und ein wenig ist die nächtliche Stille des fotografischen Prozesses in den Bildern noch spürbar.  Die Nächte wählte er sorgfältig aus: möglichst bei Schleierbewölkung und ohne Mondlicht, um die Berge in ihrer nur zart zu nennenden Struktur zu fassen. Was dabei entsteht? Eine unwirkliche Ruhe, die sich physisch greifen zu lassen scheint, eine unerwartete Ansicht der riesenhaften Körper, die sich in Farben präsentieren, die man so nicht erwarten kann, die uns in ungesehener Schönheit Strukturen und Details offenbaren und dennoch die Aura des Unnahbaren in sich tragen.

Der Bildband zur Ausstellung (Verlag Edition Braus, Heidelberg) ist in der Galerie erhältlich.