KALO MINA

12 EINZIGARTIGE SOLOPRÄSENTATIONEN
1. Januar 2023 – 20. Dezember 2023

Karin Karinna Bühler
Urs Eberle
Othmar Eder
huber.huber
Simone Kappeler
Almira Medaric
Heike Mülle
Elisabeth Nembrini
Ursula Palla
steffenschöni
Madame Tricot
Werner Widmer

widmertheodoridis ist bestrebt Kunst an immer wieder neuen Orten und Möglichkeiten zu präsentieren. Dieses Mal galt es, einzig die räumlichen Bedingungen des Ausstellungsortes OTTTO in Athen einzuhalten: Die Kunstwerke mussten ins Schaufenster passen, dafür sind die Präsentationen 24/7 besuch- und sichtbar. 

Als freundschaftliche Geste und Aufmerksamkeit zwischen Freunden, Familie und Bekannten wird in Griechenland immer zum ersten Tag des Monats: “Καλό μήνα” (Kalo Mina, guter Monat) gewünscht. widmertheodoridis wünscht im Jahr 2023 mit 12 Schweizer Kunstschaffenden einen ‚Kalo Mina‘ in Athen. Kalo Mina ist keine thematische Ausstellung, sondern ein Fenster des zeitgenössischen Schweizer Kunstschaffens. Immer zum ersten des neuen Monats wird eine der 12 eigenständigen Werk-Präsentationen eröffnet.

Januar:
Kalo Mina startet im Januar mit der Malerin Heike Müller.
Der Begriff ‚Muse’ gewann für sie eine neue Bedeutung und Erfahrung als sie anfing, Bekannte, Freunde und Unbekannte in ihr Studio zum Portrait sitzen einzuladen. Und ihre ,Musen’ sollten schön sein. Fasziniert von Form und Ausdruck zeigt Heike Müller nun Männer beim Lesen, Liegen, Nachdenken, Ruhen. Das Licht ist kräftig und die Gesichter sind sorgfältig ausgearbeitet. Private Momente mit, in den Augen der Künstlerin, schönen Männern.

Februar:
Almira Medaric, bekannt für ihre strengen, graphischen Arbeiten bespielt den Februar im Kalo Mina.
Die Serie 'Singing Patterns' bezieht sich auf Rock Songs und wurde auf extra dünnem Papier, wie es auch für Konzertposter verwendet wird, gedruckt. Die graphischen Muster sind von ihren Lieblingsliedern inspiriert. In 'Howling for You' verwendet sie kleine Schlüssel in Bezug auf die Musikband The Black Keys und bei 'An Animal' sind es kleine, rote Stiefel für die Band Blood Red Shoes.

März:
huber.huber eröffnen den März im Kalo Mina.
Die beiden Künstler arbeiten in verschiedenen Medien und Techniken, wie Fotografie, Collage, Zeichnung oder Bildhauerei. Die Arbeiten von huber.huber implizieren mehrere Inhaltsebenen. Von recht harmlos und ruhig bis zu radikal irritierend und zerstörerisch. Manche Werke sind klar politisch, andere verweisen auf unaufgeregte Weise auf Entwicklungen in unserer Gesellschaft. Humor oder eher Ironie ist den beiden Künstlern wichtig und kann zum Nachdenken anregen. Ihre Arbeiten sind nie laut oder martialisch, sondern überlegt ruhig. Die Arbeit 'Goodbye blue sky' verweist auf den gleichnamigen Song von Pink Floyd und könnte nicht aktueller sein: "Did you hear the falling bombs? Did you ever wonder why we had to run for shelter when the promise of a brave new world unfurled beneath a clear blue sky?"

April:
Der Kalo Mina im April wird zauberhaft.
In ihren Arbeiten geht Simone Kappeler an die Grenze der analogen Fotografie – und das seit 1970. Ihre Bilder sind präzise komponiert und doch experimentell, ja sogar poetisch. "Meine Vision von Fotografie ist nicht, ein eins-zu-eins Bild der Wirklichkeit zu machen, sondern ein bisschen davon abzurücken, um so das Sehen neu zu ermöglichen. Es geht darum, etwas festzuhalten und dem Strom der Zeit zu entreissen." Ihr technisch heterogenes Werk wirkt als Ganzes in sich geschlossen, ja gar zeitlos und unterstreicht ihr Bestreben 'die Ewigkeit' mittels der Fotografie einzufangen. Und was Simone Kappeler einfängt sind Momente von berührender Schönheit, die sich an der Grenze der realen Welt befinden – Momente voller Zauber und Magie.

Mai:
Der Kalo Mina im Mai begrüsst Madame Tricot.
Sie präsentiert Wilgefortis, eine fiktive Volksheilige, deren Legende im 14. Jahrhundert in Portugal und Galizien entstand. Wilgefortis wird als Gekreuzigte im langen Gewand, bärtig und gekrönt dargestellt. Die Legenden erzählen von der zum Christentum bekehrten Tochter eines heidnischen Königs, die sich gegen eine vom Vater erzwungene Heirat wehrte. Ihre inständigen Gebete, verunstaltet zu werden, um dieser Heirat mit einem Heiden zu entgehen, wurden erhört: Ihr wuchs ein Bart. Der erboste Vater liess die Jungfrau daraufhin „nach Art ihres gekreuzigten Gottes“ durch Kreuzigung hinrichten. 
Ihr Name leitet sich aus dem Lateinischen “virgo fortis” (mutige Jungfrau) ab. Sie wurde weder heiliggesprochen noch sonst wie von der Kirche offiziell als Heilige anerkannt. Als Wilgefortis wurde sie 1583/86 ins Martyrologium Romanum aufgenommen, inzwischen aber wieder gelöscht. Wilgefortis wurde vor allem von Frauen verehrt, die sich von ihren gewalttätigen Männern befreien wollten. Ihr Kult war vor allem in Portugal, Galizien, Deutschland, Polen, Italien, Spanien, Frankreich und den Niederlanden verbreitet. 

Juni:
Kalo Mina im Juni zeigt neue “Fehlstellen” von steffenschöni.
Für diese Serie liessen sich die Künstler von den Fundstücken im Mosaik Museum von Istanbul inspirieren. Eine Fehlstelle definiert die Stelle, an dem ein Mosaikstein im Original fehlt. Bei der Restauration alter Mosaiken ersetzen die Fachleute fehlende Steine mit Ersatzstücken, die sich entweder dem Original angleichen, oder dann deutlich davon abgrenzen, um als Korrektur erkannt zu werden. steffenschöni stellen nun diese Ersatzstücke in den Mittelpunkt dieser Serie. Dabei dient ihnen das Billigbaumaterial Styropor als Grundlage. Gekonnt werden von Hand die neuen Mosaiksteine in die gewünschte Grösse gebrochen, bemalt und gruppiert. Dabei handelt es sich um absolut fiktive Fehlstellen. Das entsprechende, originäre Mosaik dazu existiert nicht und bleibt unsichtbar. Die “Fehlstellen” bilden gleichsam das Negativ des nicht vorhandenen Mosaiks ab: Ein sichergestelltes Restrauschen. Was hier als Referenz an die archäologische Arbeitsweise sichtbar wird, ist in steffenschönis Arbeiten immer wieder anzutreffen. Fundstücke, Materialrückstände, Partikel werden quasi-wissenschaftlich aufbereitet, konserviert und in einen historischen und aktuellen Kontext gestellt.

Juli:
Elisabeth Nembrini eröffnet den Juli im Kalo Mina.
Die Künstlerin sammelt und arbeitet mit persönlichen, aber auch kollektiven Bildern aus unterschiedlichsten Quellen. In der Weiterbearbeitung und nach fototechnischen Experimenten entstehen Bilder in unterschiedlichen Medien, die uns an visuelle Wirklichkeiten erinnern. Elisabeth Nembrini transformiert Fotografien indem sie sie bestickt, perforiert oder mittels Projektion an die Wand vergrössert. Oder sie treibt den photochemischen Prozess in der Fotografie mittels aufgestickten Glasperlen, stellvertretend für die bildgebenden Silberpartikel, buchstäblich auf die Spitze. Zentral in ihrem Schaffen ist das Verhältnis Mensch Tier. Die symbolhafte Aneignung animalischer Attribute findet sich seit jeher in der Kunst- und Kulturgeschichte des Menschen wieder. Schon auf den Höhlenzeichnungen frühester Zeiten ist klar erkenntlich: ohne Tiere keine Menschheitsgeschichte. Ob domestiziert oder wild, der Mensch steht nicht nur über den Tieren, sondern lebt mit und von ihnen. In schamanischen Ritualen und religiösen Überlieferungen wurde das Bedrohliche, aber auch das Machtvolle der wilden Tiere unterworfen und in Besitz genommen. 
Für die Arbeit 'Barbès Rochechouart' dient Elisabeth Nembrini eine vorgefundene Werbeanzeige, die schnelle Hilfe in zahlreichen Lebenslagen verspricht. Der Magier preist seine Fähigkeiten, bei Liebes-, Finanz-, Gesundheits- und Familienproblemen behilflich zu sein, vollmundig an – trotz den zahlreichen Sprachfehlern. Die schwarzen Perlen, das weisse Leinentuch verweisen dabei ihrerseits auf magische, ja okkulte Bedeutungen in fernen Kulturen. 

August:
Für den Kalo Mina im August bespielt Karin Karinna Bühler grossflächig die Seitenfenster von OTTO.
Kritische Neugierde und Lust an Wortspielerei prägen Karin Karinna Bühlers Schaffen. Ihre Installationen basieren auf ortsbezogenen Recherchen, die Zusammenhänge offenbaren und unter der Oberfläche des Augenscheinlichen hochwirksam sind. Sie analysiert unsere Gesellschaft und hinterfrage die Art und Weise, wie wir mit Sprache, Macht und Geschlecht umgehen.
Seit etwa viertausend Jahren dient Text als Instrument der Geschichtsschreibung, der Wertedefinition, des Machterhalts. Aufgrund der jahrhundertelangen Ausgrenzung von Frauen aus Wissenschaft und Politik ist unsere Gesellschaft noch immer patriarchal geprägt. In den meisten Archiven lässt sich nur «History» und keine «Herstory» finden, was sich auch in diversen Lebensbereichen spiegelt.
“You understand me?” in griechischer Schrift bezieht sich auf zahlreiche aktuelle kultur- und gesellschaftspolitische Fragen. Treffen zwei Kulturen aufeinander, braucht es für die Kommunikation nicht nur eine gemeinsame Sprache - also eine lingua franca - sondern auch eine Offenheit dem Anderen zu begegnen. Die “richtige” Sprache dabei zu finden, kann mitunter ein schwieriges Unterfangen sein.

September:
Mit einer installativen Präsentation von neuen Arbeiten aus der Serie 'Mit einer Prise Leidenschaft' bittet Werner Widmer im September zu Tisch: Kalo Mina!
Leidenschaft ist das Feuer, das es braucht, um aus hartem Stein oder zerbrechlichem Zucker Objekte zu erschaffen. Und Leidenschaft ist der Grund, weshalb wir überhaupt, wenn auch nur für kurze Zeit, existieren. Mit Leidenschaft holt Werner Widmer aus totem Material bildhafte Objekte hervor, die mit viel Sinnlichkeit aufgeladen sind. Arrangiert als Stilleben verweisen sie auf die Vergänglichkeit unserer Existenz: Memento mori! Bedenke, du bist sterblich! Auf den Tisch kommen Oliven, Parmesan und Taralli, beliebte Begleiter eines Aperos und einer gelebten 'dolce vita'. Sie lassen uns für einen kurzen Moment die Endlichkeit vergessen. Werner Widmers Arbeiten, in welchen er visuelle und taktile Elemente vereinigt, zeichnen sich oft durch ein feine, ambivalente Zweideutigkeit aus. 

Oktober:
Mit “1000 Berge” eröffnet Othmar Eder den Kalo Mina im Oktober.
Konzentration auf das Wesentliche und die Entscheidung, die Zeit zu verlangsamen, prägen das Schaffen von Othmar Eder. Seine Fähigkeit, mit dem Bleistift Bilder zu erschaffen, die als Fundstücke verronnener Zeit dienen, zeugen von einer Kraft, sich temporär von der Welt abkoppeln zu können. Die Arbeiten sind trotz ihrer Stille und Zurückhaltung verdichtete Momente, in denen er das Leben in sich überlagernden Bild- und Zeitschichten komprimiert. Seine stark überbelichteten Zeichnungen mit weichen Kontrasten sind charakteristisch und unverkennbar.
Othmar Eder bereichert seine Ideen mit Erinnerungen an Bergwanderungen in den Alpen und Streifzügen durch Lissabon und Genua. “Wie gross sie sind!”, entwich es ihm beim Anblick der heimatlichen Berge. Fast wie Bernardo Soares im Buch der Unruhe von Pessoa als er den Blick zum Himmel und seinen Wolkenbildungen schweifen lässt und den Gedanken festhält: “Sehen und Hören sind die einzigen edlen Dinge, die das Leben enthält.” Und Othmar Eder ist wahrlich ein edler und genauer Zuschauer. 

November:
In der November Ausgabe von Kalo Mina präsentiert Ursula Palla eine Installation aus 48 Bronzeteilen.
In ihren Arbeiten verbindet die Künstlerin die Medien Video und Raumskulptur und bringt empfindliche Materialien wie gegossenen Zucker, Kohlestaub oder gar Schnee zusammen. Die Fragilität und Vergänglichkeit von Natur- und Tierwelt stehen im Zentrum vieler Werke von Ursula Palla. Zarte Poesie und eine bezaubernde Ästhetik machen diese auf einer ersten Ebene zugänglich.Als Vorlage bei “Botanical Fragments/Displaced Herbarium 2” dienten der Künstlerin Herbarien ausgestorbener, verdrängter Pflanzen. Bei der Rekonstruktion wurden 2D-Bilder in eine 3D-Grafik konvertiert und ausgedruckt. Diese 3D-Prints wiederum dienten als Original im Direktgussverfahren. Die äusserst detaillierten Abgüsse in Bronze sind technisch beeindruckend, können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie nur bedingt gültige Abbilder der ausgestorbenen Pflanzen darstellen. Ein Teil der Information wie diese Pflanzen wirklich aussahen, bleibt unwiderruflich verloren. “Botanical Fragments/Displaced Herbarium 2” ist wie eine Zeitreise in eine botanischen Vergangenheit und gemahnt uns an die Verantwortung gegenüber Natur und Umwelt.

Dezember:
In der letzten Ausgabe von Kalo Mina im 2023 präsentiert Urs Eberle eine neue Papierarbeit aus der Serie ‘Cut-out’, die er in Athen vor Ort fertig gestellt hat.
In seinen Arbeiten verweist Urs Eberle auf Reisefragmente, die er aus der Erinnerung zusammensetzt. Es sind Orientierungshilfen, Führungshilfen und Erinnerungsstützen in Metropolen und Grossstädten – Wegmarken in Raum und Zeit. Strassen im urbanen Raum kreuzen sich linear, laufen meist horizontal und vertikal, Gebäudekomplexe umreissen Quadrate und so bildet sich ein Raster an dem entlang eine Stadt erkundet werden kann. Die Spuren dieser Erkundungen sind es, die Urs Eberle in seinen Papierarbeiten und Objekten festhält. Gefühlte Roadmaps, emotionale Strassenkarten der Erinnerungen in denen die Aussparungen und Auslassungen auch vom Betrachter gefüllt und belebt werden können. Die Papierarbeit “It is not what it is” wurde in Spanien begonnen und in Athen fertig gestellt. Sie bezieht sich inhaltlich auf die gleichnamige Publikation von Vincent R. Werner, welcher akute wirtschaftssoziologische Fragen in Spanien und damit auch im vergleichbaren Griechenland kritisch aufgreift. Probleme wie ‘working poor’, ’gig economy’ und steigende Mietpreise in den Stadtzentren aufgrund steigender Touristenzahlen bringen vor allem Menschen in der südlichen Hemisphäre in Bedrängnis und reiben traditionelle Gesellschaftsstrukturen auf. Die aus diesen wirtschaftlichen Entwicklungen hervorgegangenen Begriffe Elladistan, Espanistan und Banania zeugen von einer unrühmlichen Erosion der Sicherheit und des Vertrauens in staatliche Institutionen.

Ausstellungsdauer

1. Januar bis 20. Dezember 2023

Jeweils am 1. des Monats wird eine neue Werk-Präsentation eröffnet: 18:00 – 20:00

Dauer: Immer 1. – 20. des Monats

Besuch: Schaufensterausstellung 24/7 besuchbar, nachts beleuchtet

Ausstellungsort

OTTTO
Mavromichali 137
11472 Athen GR

KALO MINA wird unterstützt durch:

Schweizer Botschaft Athen
Gitta Herfort Stiftung
SMKK-Stiftung
Amt für Kultur SG
G+B Schwyzer Stiftung