Nach der Gruppenausstellung ‘Ich werfe einen Blick’ im Jahr 2009 bespielt er nun nach seinem Abschluss an der Hochschule der Künste Bern den Ehegraben. Wer den ‘alten’ Liechti kennt, wird eine grosse Veränderung feststellen. Die figurative Malerei ist einer installativen Auseinandersetzung mit dem Raum gewichen und die Materialität ist nur noch in Ansätzen vorhanden. Wissenschaftlich anmutende Überlegungen und systematisches Vorgehen knüpfen an eine in der Renaissance entwickelten Kultur des genauen, analytischen Schauens an.
Zitat Matthias Liechti: Mich interessiert die Auseinandersetzung mit einer messbaren Sache wie einer Senkrechten. Die Senkrechte ist durch den Erdmittelpunkt und die Gravitation bestimmt und hat somit etwas Unantastbares, etwas Wahres. Hat man aber nicht das nötige Messinstrument oder eine ‘richtige’ Referenz in der Nähe, ist es schwierig die Genauigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Was als senkrecht, gerade, schräg etc. empfunden wird ist subjektiv. Witzigerweise hat aber auch die eigentliche Senkrechte aufgrund der Erdkrümmung etwas relatives – sie stimmt immer nur genau da wo sie sich befindet und wo man sie betrachtet. Die gewählte Farbe (viollet-blau) befasst sich mit einer bestimmbaren Sache wie der Farbe (Zahlencode, Wellenlänge etc.), zeigt aber eine Mischfarbe die von den einen als viollet bezeichnet würde, von den anderen als blau. Der Autolack bzw. die Technik der Autolackierung ist meines Erachtens eine der präzisesten, noch ‘handangefertigten‘ Farbauftrag-Techniken. Sie benötigt einen speziellen Raum der alle Staubpartikel absaugt und ein präzises, gleichmässiges Auftragen der verschiedenen Schichten mit dem Einhalten exakter Trocknungsschritte. Am Ende entsteht ein Spiegel auf dem jeder Kratzer ersichtlich ist und auch stört. ‘Correctness‘ steht augenzwinkernd für die durch Genauigkeit erzielte Richtigkeit oder auch Wahrheit.
Für den Ehegraben hat Liechti zwei Positionen konzipiert, die auf verblüffende Weise mit der Physik der Objekte und ihrer sinnlichen Wahrnehmung experimentieren. Dem Betrachter erschliesst sich die Installation dabei erst durch räumliche Erkundung von ‘two’ und ‘correctness’. Dieser visuelle Raum, der dabei entsteht, ist vor allem kein sachlicher Raum mehr und die Dinge in diesem Raum haben keinen fest umrissenen Platz mehr. Es entsteht ein Raum, in dem die Dinge gegenseitig von einander abhängig sind und nur durch die gleichzeitige Anwesenheit existieren. Die mit allen Sinnen, archaisch anmutende Erfahrung dieses Raumes durch den Betrachter – ‘some steps’ – ist unabdingbar und schliesst den vom Künstler begonnen Schöpfungsakt erst ab: ‘some steps two correctness’.