In ‘Analoge Verfremdungen’ zeigt Simone Kappeler ältere Klassiker aus ihrem umfangreichen Portfolio, sowie neu entstandene Werke.
Heterogene Werkgruppen, mit verschiedenen Kameras und unterschiedlichen Filmen aufgenommen, komponiert Simone Kappeler zu einer Einheit und beweist, wie virtuos sie vor allem mit Licht und Film umgehen kann. Ob Nikon-, Diana-, Hasselblad-, Contax-Kamera oder Cibachrome-, Polaroid-, Röntgen- oder Infrarot-Film, für Simone Kappeler sind das alles nur Hilfsmittel ihrer Kreativität. Was sie einfängt sind nicht Lichtpartikel, sondern Momente jenseits der realen Abbildung.
Stellen Sie sich diesen heissen Nachmittag vor. Sie liegen am Strand. In der gleissenden Sonne steht eine Frau. Sie kennen sie nicht. Aus dem Augenwinkel heraus erkennen Sie beiläufig, dass sie eine Kamera in der Hand hält und fotografiert. Eine vertraute Situation. Sie ignorieren sie und schauen wieder weg. Während Simone Kappeler schon ihre Kamera gezückt und abgedrückt hat.
Es sind solche, unspektakuläre Momente, wie der am Strand, am Badeweiher, an der Tankstelle, die Simone Kappeler durch Verfremdung oder Unschärfe von der Gegenwart auf eine traumhaft anmutende Ebene befördert. Ihre präzis komponierten Bilder wirken wie fragmentarische Erinnerungen und schaffen so einen universellen Bezug zum Betrachter. Der Löwe Melaku aus dem Plättli Zoo in Frauenfeld ist so ein Bild. Wer kann sich nicht an die sonntäglichen Zoobesuche als Kind erinnern. Wie man sich ehrfürchtig an den Zaun drückte, um den König der Tiere aus nächster Nähe zu sehen? Simone Kappelers Polaroid-Abzug von Melaku imponiert nicht nur durch dramatische Farben, sondern vor allem wegen der Kameraposition: Der Blickwinkel stimmt exakt mit demjenigen unserer Erinnerung überein – dieses Bild haben wir schon mal gesehen.
‘Auch Simone Kappelers Fotografien erkunden fast durchweg – einige Reisen ausgenommen – die eigentümlich fremde Welt der Nähe. Alles scheint bekannt zu sein und erweist sich, wenn man es auf den Fotografien betrachtet als anders, als eine andere, erst noch wieder-zu-holende Wirklichkeit. Damit wiederholt sie zugleich den zauberhaften Anfang der Fotografiegeschichte, der noch heute als solcher wiederzuentdecken, sprich wieder-zu-holen ist.’
Bernd-Alexander Stiegler
Mit fremden Augen, die eigene Welt neu sehen, das gelingt Simone Kappeler auf eindrückliche Weise. Was im Titel ‘Analoge Verfremdungen’ technisch distanziert erscheint, ist in Wirklichkeit: Magisch. Assoziativ. Vertraut.
Simone Kappeler lebt und arbeitet in Frauenfeld. Studierte zuerst Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Zürich, danach Fachklasse für Fotografie an der Schule für Gestaltung in Zürich. Ihre Arbeiten werden international präsentiert.