Landschaft kann vieles sein: Heimat und Fremde, Reiseziel und Wirtschaftsfaktor, Fensterausblick oder Postkartenkitsch. Offenbar ist Landschaft nicht zuletzt ein kulturelles Konstrukt, eine historisch entstandene Art und Weise, Natur zu sehen. Was aber ist Landschaft für die zeitgenössische Kunst? Ein Pilotprojekt von fünf Galerien aus Berlin, Köln und Zürich erkundet diese Frage in fünf Teilausstellungen mit den Themen Line Up – Landschaft im Dialog, Landschaftskult, Eingriffe: Konstruktion/Destruktion, Atmosphären und Nach der Natur.
Im Laufe der Erdgeschichte hat sich das Gesicht der Welt unzählig oft verändert. Landschaften entstanden und vergingen, wobei jedoch erst der Homo Sapiens es sich anmasste, ganze Landstriche für seine Bedürfnisse zu formen und zu nutzen. Die klassische Idee der Landschaft als einer ‘geformten Natur’ erscheint dabei als Gegenentwurf einer durch den Menschen beherrschten und vollständig formbaren Erde: Wo eine Ansicht zu kontemplativer Betrachtung einlädt, wo die ästhetische Schönheit den Wert einer Gegend mehr bestimmt als z.B. Bodenschätze oder ihre territoriale Lage, scheint die Idee einer intervenierenden, ökonomischen Verwertung der Natur zunächst ausgeblendet.
Vielleicht ist die Landschaftskunst insofern von jeher eine Gegengabe gewesen, der Versuch einer Entschädigung für den Grössenwahn, sich die Natur Untertan machen zu wollen? Im Fokus der Ausstellung steht die Frage nach dem Menschen als schöpferischem Gegenüber der Landschaft: Wir zeigen Arbeiten, die sich mit Aspekten des Konstruierens und Eingreifens auseinandersetzen, wobei die ausgewählten Werke, ihrerseits künstlerische Konstruktionen, Begriffe wie ‘Formung’, ‘Konstruktion’ oder ‘Projektion’ von vornherein unter Spannung setzen.
Das Eingreifen in bzw. die Formung von Natur wird in den ausgestellten Arbeiten insofern auf ganz unterschiedliche Weise thematisiert. Kunst erscheint als Mittel, Prozesse der Konstruktion und Zerstörung darzustellen, sie zu kommentieren oder auszuagieren und damit für eine kritische Reflexion zu öffnen. Im allgemeinen geschieht dies nicht über eine explizite politische Parteinahme der KünstlerInnen; stattdessen schärfen die Werke den Blick für die Komplexität dynamischer Wechselwirkungen und das Nebeneinander produktiver und zerstörerischer Kräfte. Sie sind dialektisch, weil sie als Kunstwerke einen Freiraum für die Darstellung dieser ambivalenten Gleichzeitigkeit fordern.