Scanderbeg Sauer

CHAVALON
26. Oktober 2011 – 8. Oktober 2011

WIDMER+THEODORIDIS contemporary freut sich, das Zürcher Fotografenpaar Andreana Scanderbeg und Alexander Sauer zum Saisonauftakt zu begrüssen. Namensgeber für ihre zweite Einzelausstellung ‘Chavalon’ ist das stillgelegte Wärmekraftwerk Chavalon, bei Vouvry im Kanton Wallis.

Nach ihrer erfolgreichen ersten Einzelausstellung ‘Decommissioned’ richten SCANDERBEG SAUER ihren Blick auf eine abgelegte Industrieanlage. Während Flugzeuge wie in ‘Decommissioned’ einfach aus dem Verkehr gezogen werden können, gestaltet sich die Ausserbetriebnahme bei grösseren und vor allem immobilen Maschinenanlagen etwas schwieriger. 

Für das Verständnis der Bildserie von SCANDERBEG SAUER ist die detaillierte Geschichte von Chavalon nur marginal von Bedeutung. Chavalon kann beispielhaft für viele andere Industrieanlagen betrachtet werden. Ökonomische und politische Entscheidungen von nationaler Bedeutung spiegeln sich vor allem in solchen Grossprojekten und erlauben so eine spätere Deutung der damals vorherrschenden Meinungen. 

Chavalon wurde 1965 auf einer Terrasse hoch über dem Rhonetal in Betrieb genommen und 1999 wieder stillgelegt. Das mit Schweröl beheizte Kraftwerk wurde an diesem ungewöhnlichen Ort gebaut damit die Rauchgase nicht im Tal hängen blieben. Die von weitem gut sichtbare Anlage besteht aus dem eigentlichen Kraftwerksgebäude mit Bürotrakt, einem 120 Meter hohen Schornstein und den dazugehörenden vier Kühltürmen. Die leitenden Mitarbeiter wohnten in eigens um das Kraftwerk dafür erstellten Häusern. Nach der Stilllegung wurden Pläne ausgearbeitet, an gleicher Stelle ein Gas-
kraftwerk zu entwickeln. Aufgrund neuer Umweltgesetze und eingereichter Einsprachen befindet sich die Anlage jedoch noch immer im unveränderten Zustand. 

Was machte nun Chavalon für SCANDERBEG SAUER so interessant? Einerseits hat die Anlage ihre kühle, technologische Überlegenheit verloren und strahlt nun eine morbide Ästhetik aus. Herumliegende Akten, Werkzeuge oder verstaubte Maschinenteile offenbaren die Verletzlichkeit und die Endlichkeit einer ehemals modernen Technologie. SCANDERBEG SAUER haben auch dieses Mal mit gekonnt distanziertem Blick eindringlich ruhige Bilder geschaffen die keine Dokumentation darstellen, sondern wie ein Porträt den aktuellen Seelenzustand dieser Anlage einfangen. 

In wenigen Bildern gelingt es ihnen die Organe des Kraftwerks exemplarisch darzustellen und ikonographische Referenzen herzustellen: die Brennkammer als Herzstück des Kraftwerks erinnert an eine Kathedrale, die Kontrollzentrale ähnelt der Kommandobrücke eines Raumschiffes und die Arbeitszimmer mit den umgestossenen Aktenbergen gemahnen an eilig verlassene Geheimdienstbüros. Nahtlos reihen sich auch die charakteristischen Porträts ehemaliger Mitarbeiter des Kraftwerks in diese Reihe ein. SCANDERBEG SAUER wollen dem Thema Energie ein Gesicht geben. Während ihrer Arbeit zum Projekt hat sich die öffentliche Wahrnehmung und Einstellung dazu radikal verändert. ‘Chavalon’ zeigt auf sensible Art und Weise die Ambivalenz eines nationalen Programmes im Spannungsfeld der globalen und energiepolitischen Veränderungen.